Am 14.03.2021 ist Kommunalwahl in Kassel. Das ist ein wichtiger Moment, um Einfluss auf die
Entwicklungen des Radverkehrs in den nächsten Jahren zu nehmen. Daher rufen wir euch alle auf, euch zu informieren und wählen zu gehen - und natürlich ein scharfen Blick auf die Parteiprogramme
zu werfen im Hinblick auf eine zukunftsfähige Verkehrswende! Wir haben die Programme von den relevanten demokratischen Parteien durchgesehen und das Wichtigste für euch zusammengestellt.
Was will die CDU?
- Verkehrsfluss und Erreichbarkeit stehen für die CDU an vorderster Stelle - Umbauten der Hauptverkehrsachsen zugunsten des Radverkehrs, Tempo 30 oder autofreie Zonen will die CDU nicht
- Vorhandene Verkehrsinfrastruktur soll erhalten und optimiert werden mithilfe neuester verkehrstechnischer Möglichkeiten, um wachsendes Verkehrsaufkommen zu bewältigen
- Radverkehr soll attraktiv und sicher vor allem über die Nebenstraßen geführt werden, als Anreiz zur Steigerung des Radverkehrs
- Der Ausbau eines flächendeckenden Radwegenetzes soll stets unter Beteiligung der Bürger*innen und Mitwirkungsinteressierten stattfinden.
- Verbesserung des Radverkehrsflusses, mehr Fahrradabstellplätze, Errichtung von Fahrradgaragen zur Diebstahlprävention.
- Aber: Belebung der Innenstadt über günstigeres und kostenloses Parken.
Fazit:
Die CDU wird Kassel für den erwarteten zunehmenden Autoverkehr ausbauen. Diesen wird sie als Folge des Ausbau der Infrastruktur auch bekommen. Mit dem Lösungsansatz der Quartiersgaragen, um
zugeparkte Stadtteile aufzuräumen, ist begrüßenswert. Die Bekenntnisse zur Schließung des Radverkehrsnetzes und zur Steigerung der Attraktivität für Radfahrende bleiben abgesehen von Abstell- und
Umsteigemöglichkeiten ohne konkrete Vorschläge. Mit der CDU scheint eine Verkehrswende weg vom Privat-Pkw in weiter Ferne.
Was wollen die Grünen?
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Die Grünen wollen Vorfahrt für umweltfreundliche Mobilität und dafür nicht nur Flächen des Autoverkehrs für Rad- und Fußverkehr sowie
den ÖPNV bereitstellen, sondern deren Verkehrsflüsse verbessern.
- Sichere, getrennt vom Fußverkehr geführte Radwege und fahrradfreundliche Kreuzungen sollen die Radwegenetz-Lücken schließen. Durchgehend sichere Rad(schnell)wege sollen die Innenstadt mit
allen Stadtteilen sowie den Umlandgemeinden verbinden.
- Sichere und witterungsgeschützte Abstellanlagen und -boxen mit Lademöglichkeiten, besonders in der Innenstadt, sollen gebaut werden. Das Fahrradverleihsystem soll, auch mit Lastenrädern,
erweitert werden.
- Radverkehrskampagnen sollen durchgeführt und Radverkehrsinitiativen in Stadt- und Verkehrsplanung co-kreativ einbezogen werden.
- Vision Zero ist klares Ziel. Das soll u.a. mit Fahrradstellplätzen an Einmündungen gegen Falschparken von Autos und mit mehr Kontrollen und Ahndungen von Geschwindigkeits- und Parkverstößen
erreicht werden.
Fazit:
Die Grünen haben sich viel vorgenommen. Sie wollen Kassel zur Radverkehrsstadt machen und orientieren sich an unseren Radentscheid-Forderungen. Mit ihrem Ziel “Vorfahrt für umweltfreundliche
Mobilität” meinen sie es scheinbar ernst: Sie wollen die Flächen des Kfz-Verkehrs zugunsten des Rad-, Fuß- und öffentlichen Nahverkehrs verringern und verfolgen die Vision Zero, also keine Toten
und Schwerverletzten im Straßenverkehr. Bleibt zu hoffen, dass wir in einer möglichen nächsten Regierung mit den Grünen mehr davon zu sehen bekommen als in
der letzten.
Was wollen die Sozialdemokraten?
- Zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Auto, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf anderen Wegen: Die SPD bezeichnet sich als die einzige Partei in Kassel, die alle Verkehrsarten in Einklang
bringen will.
- Laut SPD ist Kassel bereits Fahrradstadt. Durch einen kontinuierlichen Ausbau sieht sie Kassel auf dem Weg zu einem modernen, sicheren und weit verzweigten Radwegenetz. Bis 2025 soll Kassel
Vorzeigekommune für Radverkehr werden.
- Mehr und sichere Abstellmöglichkeiten, z.B. Fahrradparkhäuser in der Innenstadt und am Bahnhof Wilhelmshöhe.
- Sicheres und komfortables Radfahren durch bauliche Trennung der Verkehrsarten und moderne Ampelsysteme.
- “Jede eingesparte Autominute bedeutet mehr Ruhe [und] mehr Lebenszeit”. Daher will die SPD Straßen erneuern, Verkehr intelligent steuern und so schneller ans Ziel zu bringen.
Fazit:
Die SPD hätte gern sozial- und klimagerechte Mobilität für alle in Kassel, verspricht den konsequenten weiteren Ausbau der
Fahrradinfrastruktur mit vielen Verbesserungen, möchte aber den Autofahrenden nichts wegnehmen. Dass
das nicht funktioniert, zeigt die SPD selbst durch konsequentes Verwässern oder Ignorieren des Radverkehrs bei konkreten Maßnahmen in der letzten Zeit.
Was wollen die Freidemokraten?
- Für ein sicheres und gleichberechtigtes Neben- und Miteinander aller Verkehrsteilnehmer:innen durch zukunftsgewandte Infrastruktur, z.B. für Individualverkehr und ÖPNV.
- Beschleunigter Ausbau von Radwegen in allen Kasseler Stadtteilen, konsequente Lückenschließungen, Fahrradschnellstraßen, -highways und -brücken, um Verkehrsarten getrennt zu halten und
knappen Verkehrsraum nicht neu aufzuteilen.
- Pedelecs, E-Scooter und Lastenräder sollen gefördert und Mobilitätsangebote per App vernetzt werden.
- Die FDP lehnt Rückbau und Verengung von Straßen sowie Tempo 30 auf den Hauptverkehrsstraßen ab. Wo möglich sollen Autostraßen unterirdisch verlegt werden.
- Verkehr soll digital gesteuert sauber fließen, sodass es zu weniger Verkehrsunfällen kommt. Parken soll günstiger werden.
Fazit:
Ziel der Freien Demokraten ist ein hohes Maß an Mobilität für alle, und zwar sicher und gleichberechtigt neben- und miteinander. Dabei soll der Verkehrsfluss nicht leiden. Fahrrad-Highways und
Schnellverbindungen begrüßen wir, es ist aber fraglich, wie das ohne Flächenkonflikte umzusetzen ist. Mobilitätsalternativen sollen den Privat-Pkw überflüssig machen, aber “wer [Auto] fahren
will, soll dies auch weiterhin ohne ideologisch bedingte Verkehrsengpässe können.” Wir sind gespannt, ob wir solche großen Investitionen zu sehen
bekommen werden.
Was wollen die Linken?
- Fuß- und Radverkehr sowie ÖPNV sollen so gestärkt werden, dass bis 2035 kein Privat-PKW in der Stadt mehr benötigt wird. Dafür soll es bis 2025 eine stadtweite Zone 30 und den Ausbau
des langfristig auch kostenfreien ÖPNV geben
- Bis 2030 sollen auf Hauptstraßen jeweils eine Spur für den Radverkehr und Nebenstraßen zu Fahrrad-, Einbahnstraßen oder verkehrsberuhigt umgebaut werden
- Für Vision Zero (d.h. keine Verkehrstoten) Radverkehr und Kfz-Verkehr baulich getrennt führen: “Farbe ist keine Infrastruktur und schützt schwächere Verkehrsteilnehmer*innen nicht!”
- Massiver Ausbau der Serviceinfrastruktur rund ums Fahrrad: Fahrradstellplätze und -parkhäuser, Reparaturstationen, Ladestationen für E-Bikes, Verleih von Lastenrädern und umfangreicheres
Leihfahrradsystem.
- Aufstockung und Sensibilisierung der Verkehrsüberwachung gegen Zuparken von Gehwegen und abgesenkten Bordsteinen
Fazit:
Das Ziel Kassel Autofrei zu machen und Mobilität sozial- und klimagerecht umzubauen ist progressiv. Die LINKEN legen eine starken Fokus auf den emissionsarmen Verkehr in und um
Kassel. Die von der LINKEN versprochene Aufwertung von Radverkehr durch umfangreichen Serviceinfrastruktur, ein ordnungspolitisches Umdenken und vor
allem die Vision Zero als Ziel sind notwendig.
Das ist der Eindruck gewesen, der uns beim Durcharbeiten der Wahlprogramme hängen geblieben ist. Das findet ihr im Lauf der nächsten Woche dann auch auf unseren Social Media Kanälen und wir
bitten euch, das fleißig zu teilen! Schließlich ist es in unser aller Interesse, dass das Thema Radverkehr ein großes Gewicht bekommt bei dieser Kommunalwahl.
Und natürlich: Lest am besten selbst auch nochmal die Wahlprogramme und überprüft, welche Parteien zukunftsfähige Ideen - nicht nur für den Radverkehr - haben.
Lasst uns die Kommunalwahl zu einer Fahrradwahl machen, sprecht mit Freunden darüber und macht Werbung dafür, die Kommunalwahl unter dem Aspekt der
Verkehrswende zu betrachten!